Innsbrucker Plasmaphysiker maßgeblich an wissenschaftlichem Durchbruch des Jahres beteiligt

Zum Jahreswechsel kürte das angesehene Wissenschaftsmagazin Science die 10 wichtigsten wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres 2005. Darunter ist die Entscheidung zum Bau des internationalen Fusionsexperiments ITER in Europa.
Prof. Karl Lackner
Prof. Karl Lackner

ITER (lat. „der Weg“) ist der nächste große Schritt in der weltweiten Erforschung der Fusionsenergie mit dem Ziel, ähnlich wie in der Sonne, aus der Verschmelzung von Wasserstoff in einem Kraftwerk Energie zu erzeugen. Aufgabe von ITER ist es, die physikalische und technische Machbarkeit der Fusion zu zeigen: Mit einer Fusionsleistung von 500 Megawatt soll die Anlage erstmals ein brennendes und Energie lieferndes Plasma erzeugen.

 

Einen maßgeblichen Anteil am Zustandekommen des Projekts in Europa hatte dabei der Innsbrucker Honorarprofessor Karl Lackner vom Institut für Theoretische Physik der LFU. Der Plasmaphysiker war Leiter der europäischen Koordinierungsstelle EFDA („European Fusion Development Agreement“) zur Erforschung der Fusionsenergie während der entscheidenden Phase in den Jahren 2000 bis 2003. In dieser Zeit wurden sowohl die technisch-physikalischen als auch die politischen Weichen für ITER als wichtigstes Experiment der Energieforschung im 21. Jahrhundert gestellt. „Mein Ziel war eine möglichst gute Abstimmung der europäischen Aktivitäten miteinander und damit eine effiziente Vorbereitung von ITER in internationalem Rahmen. Dazu gehörte auch, in Europa zu einem Konsens über den ITER-Standort beizutragen", fasst Prof. Lackner seine Tätigkeit zusammen. Im letzten Jahr nun entschieden nach zweijährigen Verhandlungen die am Projekt beteiligten internationalen Partnerstaaten (derzeit die EU, Japan, China, Indien, Russland, Südkorea, USA), dass ITER im südfranzösischen Cadarache gebaut und betrieben wird.

 

Prof. Karl Lackner promovierte 1966 nach dem Studium der Physik an der LFU Innsbruck. Nach Forschungsaufenthalten in Pasadena (USA) und am European Space Research Institute (Frascati) ging er 1972 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) nach Deutschland. Hier arbeitete er an zentralen Fragen der Plasmatheorie: Er beschäftigte sich mit der rechnerischen Beschreibung von Gleichgewicht und Stabilität in Fusionsplasmen, mit experimentnahen Fragen von Energie- und Teilchentransport in Tokamak-Anlagen sowie mit der Randschicht- und Divertorphysik. 1984 wurde Karl Lackner zum Wissenschaftlichen Mitglied des IPP berufen, seit 1987 ist er Honorarprofessor der LFU. Auch im laufenden Semester hält Prof. Lackner an der LFU Innsbruck am Institut für Theoretische Physik eine Vorlesung zu „Aktuellen Themen aus Plasmaphysik und Fusionsforschung“.

 

An der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck wird bereits seit Ende der fünfziger Jahre Plasma- und Fusionsforschung betrieben, damals initiiert vom heute emeritierten Universitätsprofessor Ferdinand Cap. Dieser Forschungsbereich wird derzeit schwerpunktmäßig vom Institut für Ionenphysik (Prof. Tilmann Märk, Prof. Paul Scheier, Prof. Roman Schrittwieser und Mitarbeitern) und der Arbeitsgruppe Plasma- und Energiephysik am Institut für Theoretische Physik (Prof. Siegbert Kuhn, Prof. Klaus Schöpf und Mitarbeitern) getragen. Innsbrucker Plasmaphysiker sind mit eigenen Experimenten und Simulationen an vielen großen Fusionsanlagen weltweit beteiligt. An der derzeit größten Anlage dieser Art, dem „Joint European Torus“ (JET) in der Nähe von Oxford, wird von Tirol aus ebenso regelmäßig mitgearbeitet wie auch an theoretischen und numerischen Modellierungs-Projekten für ITER.