Ein Lehrer in grauem Sakko hilft einer Schülerin, seitlich ist eine weitere Schülerin zu sehen, im Hintergrund eine Tafel in einer Klasse.

Seit zehn Jahren ist die „(Neue) Mittelschule“ Regelschule in Österreich.

Zehn Jahre „Neue Mittelschule“

Eine neue Studie der Bildungsforscher:innen Claudia Schreiner vom Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung und Christoph Helm von der JKU Linz wirft zehn Jahre nach Einführung der „Neuen Mittelschule“ (NMS) als Regelschule Licht auf die langfristigen Auswirkungen des neuen Schultyps auf die Unterrichtsqualität aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler.

Zehn Jahre nach der Einführung der NMS als Regelschule in Österreich hat der Sammelband-Beitrag von Claudia Schreiner und Christoph Helm die Fragestellung „10 Jahre NMS – Inwiefern hat sich der Unterricht aus Perspektive der Schüler*innen verändert?“ untersucht. Das Konzept der NMS sah neben anderen Merkmalen – wie die Abschaffung der Leistungsgruppen – die Stärkung einer neuen Lernkultur vor, die Individualisierung und selbstständiges Lernen der Schülerinnen und Schüler fördern sollte. Diese neue Kultur des Lernens sollte u.a. durch das Teamteaching und Lerndesigner:innen realisiert werden.

Daher fokussierte der kürzlich erschienene Beitrag, ob und wie sich die Lehrpraktiken verändert haben. Die Studie basiert auf Daten der Bildungsstandardüberprüfungen, die von 2009 bis 2018 durch das Institut des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen Qualität Schule erhoben wurden. Diese bieten einen Einblick, wie sich die Unterstützung der Schülerinnen und Schüler durch ihre Lehrkräfte in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik seit Einführung der NMS entwickelt hat.

Lehrkräfte versuchen zu unterstützen

Während im Deutschunterricht eine signifikante Verbesserung der Lernunterstützung festgestellt wurde, zeigen die Ergebnisse im Fach Englisch nur geringfügige Verbesserungen und in Mathematik sogar eine Abnahme in den ersten Jahren nach Einführung der NMS. Die Studie zeigt darüber hinaus, dass Lehrkräfte aus Schulen in herausfordernder Lage stärker auf den Bedarf der Schüler:innen einzugehen versuchen: Je geringer der Anteil an Schüler:innen mit Deutsch als Muttersprache oder Schüler:innen aus höheren sozialen Schichten, desto höher ist die Lernunterstützung durch die Lehrperson in der Klasse. Das gilt zu allen Erhebungszeitpunkten und hinsichtlich aller Fächer.

„Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass mit der Einführung der NMS sich lediglich im Deutschunterricht die aufgrund des NMS-Konzepts erwarteten positive Veränderungen im Unterrichtsbetrieb eingestellt haben. In den Fächern Mathematik und Englisch dagegen ist seit der Einführung keine relevante Zunahme der Lernunterstützung beobachtbar. Gleichzeitig muss betont werden, dass es alles andere als einfach ist, Unterrichtsqualität zu messen und auf Reformmaßnahmen zurückzuführen. Denn Unterrichtsqualität bedeutet in unterschiedlichen Situationen und Kontexten auch immer etwas anderes, was ihre Erforschung sehr erschwert“, resümmiert Christoph Helm von der JKU School of Education.

Claudia Schreiner vom Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung fügt hinzu: „Diese Studie zeigt, dass strukturelle Reformen wie die Einführung der NMS viel Zeit benötigen, um die Praxis im Klassenzimmer nachhaltig zu verändern. Schön ist zu sehen, dass die Verbesserungen im Deutschunterricht die Potenziale der Reformen widerspiegeln. Doch die Ergebnisse legen auch nahe, dass es wichtig ist, kontinuierliche Unterstützung und Fortbildungen für Lehrkräfte zu gewährleisten, um die positiven Effekte der NMS über alle Fächer hinweg zu erweitern.“

Details zur Studie

Für die Studie wurde eine umfassende längsschnittliche Analyse der Vollerhebungen von 2009 bis 2018 durchgeführt. Diese Methodik ermöglicht es, detaillierte Einblicke in die Veränderungen der Unterrichtsqualität über einen längeren Zeitraum zu gewinnen. Die Studie wurde im Rahmen des Herausgeberbandes „10 Jahre Regelschule – die (Neue) Mittelschule“ publiziert und ist online frei zugänglichIm Sammelband finden sich auch noch Beiträge weiterer Innsbrucker Bildungsforscher:innen.

(JKU Linz/red)

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