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Rama­nie Rama­lin­gam

...leitet in Innsbruck eine Familienberatungsstelle mit Spezialisierung auf LGBTQIA+ Fragestellungen.

Was hat Sie damals an die Universität Innsbruck gezogen? Ich habe erst mit Ende zwanzig zu studieren begonnen; nach zwei Jahren in Wien, wo ich meine Studienberechtigung erworben hatte, verlegte ich meinen Lebensmittelpunkt wieder nach Innsbruck; eine andere Uni wäre aufgrund der Berufstätigkeit nicht in Frage gekommen- was ich im Nachhinein betrachtet aber nie bereut habe.

Denke ich an Innsbruck, denke ich sofort an... die vielfältigen Möglichkeiten; Kultur, Natur und alles, was ich zum Leben brauche, kann ich mit dem Fahrrad erreichen.  

Was war für Sie ein unvergessliches Erlebnis Ihrer Studienzeit? die Ermächtigung zu erhalten, alles kritisch hinterfragen zu dürfen.

Gab es Momente oder Personen in Ihrem Studium, die Sie besonders geprägt haben? Als sich mir die Möglichkeit geboten hat den Wahlfachstudienlehrgang „interdisziplinäre Sexualwissenschaften“ unter der Leitung von Prof. J.C. Aigner zu studieren; ich habe förmlich etwas gefunden, von dem ich nicht wusste, dass ich es suche; plötzlich haben sich Fragen aus meiner bis heute aufrechten beruflichen Tätigkeit als Diplom Gesundheits- und Krankenpflegerin, mit meinem allgemeinen Interesse an der Arbeit mit Menschen und dem Wunsch in die Erwachsenenbildung zu gehen, (für mich) „schlüssig“ verbunden.

Aus meinem Studium habe ich noch... Fachliteratur und Skripten, die mir „irgendwie wichtig“ erscheinen,
gute Freund:innen und wichtige Vernetzungspartner:innen.

Waren Sie im Ausland? War das für Sie aus heutiger Sicht wichtig? Im Zuge der Diplomarbeit durfte ich ein mehrwöchiges Forschungspraktikum an der Spezialambulanz des Instituts für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie/ UKE Hamburg-Eppendorf machen; die Fachpersonen dort bei ihrer Arbeit begleiten zu dürfen war ungemein bereichernd für mich;  ihr Umgang mit den Patient:innen/ Klient:innen beeinflusst mich bis heute und hilft mir mein theoretisches Wissen in die Praxis zu transferieren; ich wäre gerne für 1-2 Semester geblieben, was aber wegen meiner Berufstätigkeit nicht möglich war.

Wie hat sich Ihr Weg vom Studium bis heute entwickelt? Schon während dem Studium war uns als Studierenden bewusst, dass es ein großes Privileg war „interdisziplinäre Sexualwissenschaften“ auf universitärer Ebene und von dieser Qualität studieren zu können; zur Erklärung – das ist 20 Jahre her und war damals europaweit in dieser Form kaum möglich; für uns war klar, dass wir dieses Wissen und diese Haltung an das Thema Sexualität heranzugehen, für die Menschen zugänglich machen wollen und müssen; das weite Feld der „sexuellen Bildung“ ist etwas das uns alle in allen Lebensaltern betrifft- lediglich die Fragestellungen ändern sich; auch gehört sie immer auch zur politischen Bildung, weil sich Gesellschaft(en) und Sexualität(en) seit jeher gegenseitig beeinflussen; ab 2006 haben wir daher an Konzepten gearbeitet, niederschwellig und kostenlos Beratung bzw. Therapie anbieten zu können; 2009 gelang es uns dann in Zusammenarbeit mit der damals bereits bestehenden COURAGE Wien,  eine Partner:innen-, Familien- und Sexualberatungsstelle COURAGE Innsbruck mit Schwerpunkt auf LGBTQIA+ Fragestellungen zu eröffnen.

Haben Sie nach dem Studium eine andere berufliche Richtung eingeschlagen? Würden Sie sich aus heutiger Sicht für ein anderes Studium entscheiden? Nein, ich habe alles noch weiter vertieft; ich habe noch während des Studiums die Ausbildung zur psychosozialen Einzel-, Paar- und Familienberaterin begonnen und gleich danach noch einen Lehrgang für Sexualberatung an der ÖGS Sexualakademie der österr. Gesellschaft für Sexualwissenschaften besucht.

Welche im Studium erworbene Qualifikation hilft Ihnen im heutigen Beruf am meisten? Meine Professor:innen haben mich zu jederzeit zum kritischen Denken ermuntert; meine Tätigkeit als Studienassistentin hat mein organisatorisches Geschick weiter gefördert. 

Was war bis jetzt Ihr schönstes Erlebnis in Ihrer beruflichen Laufbahn? Tatsächlich die Eröffnung der Partner:innen-, Familien- und Sexualberatungsstelle COURAGE Innsbruck; es erfüllt mich mit Stolz und Freude zusammen mit meinen Kolleg:innen (junge) Menschen bei Fragen zur sexuellen Selbstbestimmtheit und Themenstellungen  im Bereich von LGBTQIA+ Lebensweisen begleiten zu dürfen; gleichzeitig schockiert es mich immer wieder, wie speziell letzterer Bereich weltweit aber auch in Österreich politisch instrumentalisiert wird und (junge) Menschen diskriminiert und stigmatisiert werden

Was möchten Sie gerne noch erreichen – beruflich oder privat? Privat bin ich in einer Lebensphase angekommen wo Gesundheit und Zufriedenheit für mich und meine Lieben an oberster Stelle stehen; beruflich gibt es wie gesagt noch viel zu tun… wir dürfen die im fachlich fundierten, wissenschaftlichen Diskurs entstandenen Errungenschaften und positiven Entwicklungen, nicht durch (über-)konservative, uninformierte und diskriminierende politische Strömungen verlieren.

Was würden Sie heute anders machen? Ich kann immer nur die Zukunft ändern; manchmal hätte mir wohl mehr Mut gut getan, es früher zu tun ;)

Studierenden rate ich... kritisch zu bleiben und immer wieder die eigenen Werte und Überzeugungen in dem zu suchen, was das Studium als scheinbar „absolut“ vorgibt; es stimmt tatsächlich: letztendlich lernen wir „nur“ für uns selbst ;)

Was war zu Studienzeiten Ihr Lieblingsort in Innsbruck/an der Universität? Am GeiWi Vorplatz die Sonne genießen und mit Freund:innen intensive Gespräche führen.

Was verbindet Sie heute noch mit der Universität? Ich freue mich immer die Arbeit der Beratungsstelle in Seminaren unterschiedlicher Fachrichtungen vorstellen zu dürfen und die Anliegen und Problemstellungen von Menschen mit LGBTQIA+ Themen aufzeigen zu können.

Beendenden Sie bitte folgenden Satz: Ich wollte immer schon einmal… Ist ein guter Satzanfang, um in einer angespannten (Beratungs-)Gesprächssituation wieder neuen Input zu bekommen ;)

 

 

 

Stand: April 2024

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